Baldrian zählt wohl mit zu den bekanntesten Heilpflanzen. Jahrhundertelang galt die blühende Pflanze als eine Art Wundermittel gegen etliche Erkrankungen und wurde sogar gegen die Pest eingesetzt. Die entspannende Wirkung entdeckte man allerdings erst später gegen Ende des 18. Jahrhunderts. In der heutigen Medizin wird Baldrian in erster Linie als Beruhigungsmittel eingesetzt und gilt bei leichten Schlafstörungen als eines der populärsten Phytopharmaka. Aber wie wirkt Baldrian eigentlich? Was ist bei der Dosierung zu beachten und was sind die typischen Anwendungsgebiete? Muss ich mit Nebenwirkungen rechnen? Wir klären Sie auf!
Die Wirkung von Baldrian
Wie wirkt Baldrian?
Aus pharmakologischer Sicht wertvoll sind die Wurzeln der Pflanze. Zu den Baldrian Inhaltsstoffen gehören ätherische Öle, Valepotriate und kleine Mengen an Lignane. Um zu verstehen, wie Baldrian wirkt, ist es wichtig zu wissen, was in unserem Gehirn passiert, wenn wir müde werden.
Info: Was passiert im Gehirn, wenn wir müde werden?
Das Molekül Adenosintriphosphat (ATP) ist ein Energiespeicher in unseren Zellen und wird von unserem Gehirn im Wachzustand für alle Prozesse im Körper verbraucht – unter anderem für die Muskelkontraktion, die Bildung von DNA oder die Signalübertragung durch Nerven. Ist die Energie aufgebraucht, zerfällt das ATP in seine 3 Bestandteile, eines davon ist das Abbauprodukt Adenosin. Dieses dockt im Gehirn an die sogenannten A1-Rezeptoren an und sorgt für Müdigkeit und Entspannung. Je aktiver das Gehirn im Wachzustand war, umso mehr Adenosin sammelt sich an und besetzt die A1-Rezeptoren. Die Müdigkeit nimmt mehr und mehr zu. Ist ein bestimmter Schwellenwert überschritten, stellt sich der Schlaf ein.
Die Wirkstoffe des Baldrian setzen genau hier an und verbinden sich ebenfalls mit diesen A1-Rezeptoren. Welcher Inhaltsstoff genau ist wissenschaftlich noch nicht erforscht, vermutlich aber die Lignane. Gereiztheit, Stress, Sorgen und Ängste nehmen ab und der Schlaf wird herbeigeführt. Die enthaltenen Valepotriate wirken krampflösend.
Wie lange dauert es, bis Baldrian wirkt?
Bis die Wirkung von Baldrian eintritt, dauert es von Mensch zu Mensch unterschiedlich lange. Sofortige Auswirkungen sind nicht möglich, weshalb sich Baldrian auch nicht zur akuten Behandlung eignet. Eine Dauer der Anwendung von mindestens zwei Wochen, bis ein erster Wirkungseintritt von Baldrian zu spüren ist, ist nichts Ungewöhnliches.
Welche Nebenwirkungen hat Baldrian?
Zu den möglichen Nebenwirkungen zählen Magen-Darm-Probleme, Übelkeit oder Bauchkrämpfe, die aber nur in Ausnahmefällen auftreten. Falls Sie Baldrian zur Beruhigung nehmen, sollten Sie aufgrund der möglicherweise eintretenden Schläfrigkeit und dem verminderten Reaktionsvermögen ca. zwei Stunden, nachdem Sie Baldrian zu sich genommen haben, weder Autofahren noch schwere Maschinen bedienen.
Vom gleichzeitigen Gebrauch chemischer Schlafmittel sollte abgesehen werden, da sie die Wirkung des Baldrian überdecken würden. Baldrian sollte ebenso wenig eingenommen werden, wenn Sie zuvor Alkohol getrunken haben. Es können unerwünschte Wechselwirkungen entstehen.
Da immer wieder Fragen dazu auftauchen, wollen wir im Folgenden mit ein paar Irrtümern rund um Baldrian aufräumen.
Macht Baldrian abhängig?
Entgegen des weit verbreiteten Irrglaubens macht Baldrian, ganz im Gegensatz zu chemischen Schlafmitteln, nicht süchtig. Die Menge muss auch nicht gesteigert werden, um die Wirksamkeit beizubehalten, sondern Baldrian wirkt jeden Tag von neuem.
Wie ist die Höchstdosis von Baldrian?
Die maximale Dosis von Baldrian ist abhängig von der Einnahmeform und sollte immer der Packungsbeilage entnommen werden. Typischerweise liegt sie bei 1.450 mg Baldrianwurzel-Trockenextrakt pro Tag. In einer klinischen Studie konnte belegt werden, dass eine Dosis von mehr als 900 mg Baldrian pro Tag zu Tagesmüdigkeit führen kann.
Kann eine Überdosis Baldrian gefährlich werden?
Haben Sie eine erhebliche Überdosis eingenommen, konsultieren Sie immer Ihren Arzt. Ein Übermaß an Baldrian wirkt zwar nicht tödlich. Es können in einem solchen Fall jedoch verstärkt Müdigkeit, Zittern und Sehstörungen bis hin zu Magenkrämpfen auftreten.
Ist die Langzeiteinnahme von Baldrian unbedenklich?
Auch die Einnahme von Baldrian über längere Zeit ist möglich und gut verträglich. In mehreren Studien hat sich eine Einnahme von bis zu 28 Tagen als sicher herausgestellt. Die Folgen einer Langzeiteinnahme darüber hinaus sind nicht bekannt. Nach dem Absetzen kann es zu Entzugserscheinungen wie Schwindel, Herzrasen und Orientierungsstörungen kommen. Um diese zu vermeiden, empfiehlt es sich, bereits ein oder zwei Wochen vor Abbruch die Dosis langsam zu reduzieren.
Ist Baldrian krebserregend?
Die im Baldrian enthaltenen Valepotriate sind Laboruntersuchungen zufolge in großen Mengen tatsächlich krebserregend. Baldrian, der in Europa angebaut wird, hat jedoch einen weitaus geringeren Anteil an Valepotriaten (1%) als jener aus Asien und Südamerika (3-8%). Die auf dem deutschen Markt erhältlichen Baldrianpräparate beziehen größtenteils europäischen Baldrian, von daher besteht kein Grund zur Sorge.
Die Anwendungsgebiete von Baldrian
In den folgenden Fällen hat sich Baldrian bewährt, soweit organische Ursachen im Vorfeld ausgeschlossen wurden. Die Anwendung von Baldrian sollte nie auf eigene Faust, sondern immer nach Absprache mit Ihrem Arzt erfolgen:
Baldrian bei SchlafstörungenBei leichten bis mittelschweren Schlafstörungen aller Art, sei es Ein- und Durchschlafproblemen, Schlaflosigkeit (Insomnie) oder gestörtem Schlaf-Wach-Rhythmus, kann Baldrian zu einer Verbesserung beitragen. Wie mehrere Studien (extern link) belegen, verbessert sich Schlafqualität und -dauer, das nächtliche Aufwachen nimmt ab. Die Einschlafphase verkürzt und die Tiefschlafphase verlängert sich. Für mehr Details über die verschiedenen Arten von Schlafstörungen lesen Sie unseren Artikel hierzu.
Baldrian bei nervöser Unruhe
Bei innerlicher Unruhe oder Anspannung aufgrund von Stresssituationen z. B. bevorstehenden Prüfungen eignet sich Baldrian ebenfalls.
Der Nutzen von Baldrian gegen nervöse Anspannung, Unruhe und Schlafstörungen ist medizinisch anerkannt . Eine Verwendung wird von Expertengruppen für Phytopharmaka, der Europäischen Wissenschaftlichen Vereinigung für Phytotherapie und dem Europäischen Fachgremium für pflanzliche Arzneimittel empfohlen.
Darüber hinaus kommt die Anwendung von Baldrian bei Angststörungen, Verspannungen, Konzentrationsstörungen und weiteren nervlich bedingten Schmerzen in Frage aufgrund der muskelentspannenden und krampflösenden Effekte. Medizinisch belegt werden konnte die Wirksamkeit aufgrund fehlender Studien bisher noch nicht.
Wann eignet sich Baldrian nicht?
Da Baldrian nicht sofort wirkt, eignet er sich nicht zur Behandlung von akuten Erregungszuständen, chronischer Unruhe, Angstzuständen und Depressionen. Zudem hilft Baldrian nicht gegen schwere Einschlafprobleme.
Baldrian ab welchem Alter?
Für Kinder unter zwölf Jahren wird der Einsatz von Baldrian kritisch gesehen. Statt Schlafstörungen mit Baldrian zu bekämpfen, ist es wichtig, den Grund dafür herauszufinden und eine Lösung zu finden. Oftmals stecken bei Kindern Dinge dahinter, die Erwachsene als unbedeutend ansehen, z. B. Probleme im Kindergarten.
Baldrian in der Schwangerschaft?
Gerade gegen Ende der Schwangerschaft leiden viele Frauen unter Nervosität und Schlafstörungen. Dagegen scheint Baldrian das perfekte Mittel zu sein. Für schwangere oder stillende Frauen wird Baldrian dennoch nicht empfohlen. Problematisch ist, dass die Wirkstoffe des Baldrians mithilfe von Alkohol extrahiert werden und deshalb häufig geringe Mengen an Alkohol in den Produkten enthalten sind, welche eine Gefahr für das Kind darstellen. Zudem beeinflusst Baldrian möglicherweise das Wachstum des Ungeborenen. In allen Fällen existieren noch keine wissenschaftlichen Untersuchungen über die Unbedenklichkeit von Baldrian, weshalb Schwangere zuerst Rücksprache mit dem Gynäkologen halten sollten. Liegt eine Risikoschwangerschaft vor, ist Baldrian grundsätzlich nicht erlaubt.
Die Einnahmeformen und die Dosierung von Baldrian
Die Verabreichung erfolgt in Form von Extrakt, welcher aus den getrockneten Baldrianwurzeln gewonnen wird. Es existieren verschiedene Einnahmeformen, wovon grundsätzlich die Dosierung abhängig ist. Erfolgsentscheidend ist, dass diese hoch genug gewählt wird.
Es gibt verschiedene Arten von Baldrian-Präparaten. Sie können auf Baldrian-Fertigpräparate in Form von Tropfen, Tinkturen, Dragees oder Tabletten zurückgreifen, dazu zählen z. B. die bekannten Mittel “Baldriparan Stark für die Nacht” oder “Klosterfrau Baldrian forte 600”. Daneben besteht die Möglichkeit, die getrockneten Baldrianwurzeln in Pulverform zu sich zu nehmen, als Teebeutel oder Teeaufgusspulver oder lose Baldrianwurzeln. Sowohl die Höhe der Dosierung als auch die maximale Tagesdosis ist abhängig von der Art der Einnahme. Die folgende Tabelle gibt Ihnen einen summarischen Überblick über die Einnahmeformen und die entsprechende Dosierung. Dennoch sollten Sie immer die Packungsbeilage Ihres jeweiligen Präparats beachten.
Neben solchen Einzelpräparaten gibt es auf dem Markt auch Kombinationsmittel mit anderen beruhigend wirkenden Heilpflanzen wie Hopfen, Passionsblume oder Melisse. Hier macht es Sinn, sich für eine individuelle Beratung an den Arzt oder Apotheker zu wenden. Die meisten Baldrianpräparate sind frei verkäuflich, es gibt jedoch auch verschreibungspflichtige Exemplare.
Die Vorteile von Baldrian gegenüber chemischen Schlafmitteln
Chemische Schlafmittel bergen eine hohe Gefahr der Abhängigkeit. Am nächsten Tag fühlt man sich oft nicht erholt, sondern müde und abgeschlagen, da sich der Wirkstoff nur langsam abbaut. Davon absehen bringen synthetische Schlafmittel unsere Schlafphasen durcheinander und beeinträchtigen damit lebenswichtige Funktionen des Schlafs wie die Hormonproduktion oder die Stärkung des Immunsystems. Sie unterdrücken den REM-Schlaf (Rapid Eye Movement), die sog. Traumschlafphase. Diese ist jedoch von enormer Bedeutung sowohl für die kognitiven Fähigkeiten als auch die psychische Gesundheit .
Baldrian hat hingegen den Vorteil, dass er sanft wirkt und die Schlafphasen nicht beeinflusst. Es führt den Schlaf nicht zwingend herbei, sondern lässt uns sanft in die Traumwelt hinübergleiten. Zudem bewirkt es am Folgetag keine Tagesmüdigkeit.
Fazit
Baldrian kann als natürliches Mittel gegen Schlafstörungen und nervöse Unruhe eingesetzt werden. In diesen Fällen wurde der Nutzen mittels einschlägiger Studien nachgewiesen und medizinisch anerkannt. Gegen Angststörungen, Verspannungen, Konzentrationsstörungen und weitere nervlich bedingte Schmerzen wurde der medizinische Nutzen bislang nicht belegt, aber vermutet.
Baldrian wirkt sanft, macht nicht abhängig und hat keine schwerwiegenden Nebenwirkungen. Für denjenigen, der eine natürliche Behandlung bevorzugt und nur ungern zu synthetischen Medikamenten greift, kann die Erfahrung mit Baldrian einen Versuch wert sein.
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Geschäftsführer
Hannes Wakonig kommt aus dem Bereich Marketing und Finance und hat vorher schon in der Medizintechnik gearbeitet. Er ist Mitgründer und Geschäftsführer von SomniShop (health.On Ventures GmbH) und AescuBrands.